Die praxisgerechte Bewertung gebrauchter Baumaschinen durch Gutachter

1. Einleitung

2. Anlass einer gutachterlichen Bewertung

3. Bewertungsbegriffe und Zuordnung zum Anlass

4. Grundlagen und Einflussfaktoren auf das Ergebnis

5. Ablauf einer Bewertung

6. Zusammenfassung

 

 

1. Einleitung

 

Der mit der Bewertung einer gebrauchten (oder neuen) Baumaschine beauftragte Gutachter hat den Wert eines Wirtschaftsguts festzustellen.

Der folgende Artikel soll die relevanten Fachbegriffe darlegen und zeigen, dass

  • Bewertungsanlass
  • Lebensalter und Lebensdauer,
  • Bestimmungsgemäße Verwendung,
  • Maschinenzustand und das
  • Marktgeschehen zu der zu bewertenden Maschine

in die Bewertung einfließen müssen, damit der Auftraggeber durch das Bewertungsgut-achten ein nachvollziehbares und korrektes Ergebnis erhält.

 

2. Anlass einer gutachterlichen Bewertung

 

Diverse Anlässe zur Wertermittlung gebrauchter Baumaschinen und Baufahrzeuge bestehen:

 

2.1      Im Versicherungsfall dient ein Wertgutachten der

  • Bestimmung der Versicherungsleistung für den Versicherungsgeber oder der
  • Überprüfung dieser Leistung für den Versicherungsnehmer.

Auftraggeber können hier die o.g. Parteien bzw. auch Versicherungsmakler sein.

 

2.2      Oft haben

  • Besitzer oder Eigentümer (z.B. Vermiet- oder Bau- bzw. Montagefirmen) und - z.B. potentielle – Kreditgeber (z.B. Banken) wie auch
  • gemeinsame Eigentümer, die ihr Eigentum aufteilen wollen (Aufteilung von Familienbetrieben), 
  • Parteien, die Maschinen in gemeinsames Eigentum einbringen wollen (z.B. Fusion) oder
  • Einzelpersonen, die mittels im Eigentum befindlicher Maschinen eine GmbH gründen wollen

unterschiedliche oder ungenaue Vorstellungen vom Maschinenwert und wünschen daher eine neutrale und belastbare Bewertung.

 

2.3       Vor Gericht treffen sich oft Parteien, die sich nach Kaufabwicklung z.B. über die Eigenschaften und somit über den Preis der gehandelten Maschine, streiten. Die Parteien beauftragen dann über den Gerichtsbeschluss oder im Rahmen eines Parteiengutachtens einen Sachverständigen.

 

2.4       Der gerichtlich eingesetzte Insolvenzverwalter benötigt eine Bewertung einer Maschine / eines Maschinenparks unter den unterschiedlichen Gesichtspunkten: Auflösung oder Fortführung des Betriebs.

 

3. Bewertungsbegriffe und Zuordnung zum Anlass

 

In Anlehnung an die „Grundlagen der Bewertung von Maschinen und betrieblichen Einrichtungen“ (Autor: Dipl.- Ing. K.-E. Kramme) des IfS GmbH für Sachverständige, Köln werden im Rahmen dieses Artikels folgende, m.E. wesentliche Begriffsdefinitionen zugrunde gelegt:

 

3.1       „Lebensdauer“ oder „Gesamtnutzungsdauer“ ist die Zeitspanne, in der eine

Maschine von der ersten Inbetriebnahme bis zur letzten Außerbetriebnahme eingesetzt werden kann und somit kontinuierlich und bestimmungsgemäß nutzbar bzw. leistungsbereit ist. Sie wird in Jahren angegeben. Für die individuelle, gutachterliche Betrachtung ist jedoch eine Bewertung nach Betriebsstunden die bessere Alternative.

Sie ist i.d.R. ungleich der „Nutzungsdauer“, wie sie in der BGL (BAUGERÄTELISTE 2015) definiert ist. Diese orientiert sich an:

  • Einschichtigem Betrieb,
  • Durchschnittlicher Auslastung,
  • Der amtlichen, steuerlichen AfA – Tabelle für das Baugewerbe („Bau – AfA“) und an der
  • Amtlichen AfA – Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter.

Es sind hier steuerliche Aspekte hinterlegt, die nicht Gegenstand dieses Artikels sind. Diese Nutzungsdauern können - da sie Durchschnittswerte repräsentieren - nicht grundsätzlich für die Betrachtung der individuell zu bewertenden Maschine herangezogen werden.

 

3.2       Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wieder zu beschaffen oder sie neu herzustellen, maßgeblich ist der niedrigere Betrag. Er beinhaltet nicht nur den Wert der Maschine, sondern auch sämtliche angefallenen Nebenkosten.

3.3       Zeitwert am Bewertungsstichtag ist der nach technischen Grundsätzen auf den Betrieb bezogene Zustandswert, und zwar unter Berücksichtigung des jeweiligen Alters, Abnutzungsgrades, Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwandes, Einsatzes, Betriebszweckes und der noch zu erwartenden, technischen Restlebensdauer. Der Zeitwert ist um den Betrag des Verschleißwertes kleiner als der Neuwert.

3.4       Restwert ist der Wert der Maschine nach Ablauf der zugrunde gelegten oder der Gesamtnutzungsdauer. Der Restwert kann mit dem Schrottwert identisch sein, wenn die Maschine für den ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr genutzt werden soll oder kann.

3.5       Angebotspreis ist der Preis, zu dem eine Maschine z.B. im Internet angeboten wird. Der Angebotspreis liegt sehr oft über dem Marktpreis und kann spekulativ sein. Daher wird er selten Gegenstand einer gutachterlichen Betrachtung sein.

3.6       Marktpreis (realisierter Wert, Verkehrswert, gemeiner Wert) ist der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gem. der Beschaffenheit der Maschine bei einem Verkauf zu erzielen wäre. Hierbei werden außergewöhnliche (Gegengeschäft mit einer weiteren Maschine, besondere Rabatte, inkludierte Service- oder Ersatzteilpakete, etc.) oder persönliche Umstände nicht berücksichtigt.

3.7       Wiederbeschaffungswert beinhaltet alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um eine Maschine in definierter Qualität („gleicher Art und Güte“) am Bewertungsstichtag wiederbeschaffen zu können.

3.8       Anschaffungswert (oft „historischer Anschaffungswert“) beinhaltet alle Kosten, die zur Zeit der Anschaffung aufgewendet werden müssen, um die Maschine zu beschaffen. Er beinhaltet alle Nebenkosten bis zur vollen Betriebsbereitschaft, einschließlich marktüblicher Rabatte, jedoch ohne Sonderrabatte, Sondereinflüsse (Inzahlungnahme, Fördergelder).

3.9       Beleihungswert ist der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr jederzeit erzielbare Preis. Er wird z.B. für Banken zur Kreditsicherung erzielt. Hierbei werden seitens der Kreditinstitute Beleihungsgrenzen berücksichtigt.

Die o.g. Literaturquelle bietet bewährte, standardisierte Begriffsdefinitionen und hat somit Leitliniencharakter.

Darüber hinaus existieren für den Bereich Baumaschinen, -fahrzeuge noch ca. weitere zwanzig Wertbegriffe. Sie stellen Detaillierungen dar, betreffen Sonderfälle, sind Synonyme, etc. Sie werden im Rahmen dieses Artikels nicht behandelt.

 

Die Festlegung der - durch den Gutachter – zu bestimmenden Werte geschieht letztendlich durch den Auftraggeber (Gerichte, Versicherungen, Eigentümer etc.).

 

In der Praxis wird der beauftragte Sachverständige häufig folgender Zuordnung gegenübergestellt:

 

Begriffe

Anlass

Neuwert

Versicherungsfall, Eigentumsfragen

Zeitwert

Versicherungsfall, Gerichtsstreitigkeiten

Restwert

Versicherungsfall.,Gerichtsstreit.(oft als "Hilfswert" erforderlich)

Wiederbeschaffungswert

Gerichtsstreitigkeiten

Marktwert

Gerichtsstreitigkeiten, Eigentumsfragen

Anschaffungswert - historisch

oft auch als "Hilfswert" erforderlich

 

4. Grundlagen und Einflussfaktoren auf das Ergebnis

           

Es lassen sich folgende Einflussfaktoren identifizieren:

 

4.1      Der Bewertungsanlass

 

Seine Kenntnis ist für den Sachverständigen die wesentliche Voraussetzung.                           Dies möge das folgende Beispiel verdeutlichen: 

Ein installierter Turmdrehkran im Fertigteilwerk einer insolventen Baufirma hat in der gutachterlichen Betrachtung und somit für den Insolvenzverwalter

  • einen hohen Wert bei Betriebsfortführung, aber
  • einen niedrigen Wert bei Betriebsauflösung mit der Folge des Kranverkaufs auf dem freien Markt, seiner Demontage etc.

4.2      Der Maschinenzustand

 

Er ist die eigentliche Kerngröße des Bewertungsverfahrens. Es sind sachverständig festzustellen:

 

  • Typ, Ausstattung, Baujahr und Betriebsstunden,
  • die Einhaltung des „Stands der Technik“. Dieser ist i.d.R. durch die CE Erklärung gem. Richtlinie 2006 / 42 / EG, die gem. 9. Verordnung des Produktsicherheitsgesetzes von 2011 von der Bundesregierung umgesetzt wurde, vorgegeben,
  • der erforderliche Instandhaltungsaufwand (beinhaltend Prüfung, Instandhaltung und Instandsetzung gem. gesetzlicher Vorgaben (in Deutschland: Betriebssicherheitsverordnung)) der den Stand der Technik erhalten muss.
  • Verschleißgrößen (z.B. für Seile, Kettenlaufwerke, Reifen, Baggerzähne, Schaufelbleche, Betriebsflüssigkeiten, Korrosion etc.).

4.3      Das Marktgeschehen

 

Es ist gekennzeichnet u.a. durch folgende den Wert der Maschine beeinflussende Möglichkeiten:

 

  • Wenige Verkäufer finden viele Einkäufer
  • Viele Verkäufer finden wenige Einkäufer
  • Monopol (Extremfall): d.h. nur ein Verkäufer bzw. nur ein Einkäufer
  • Kann ein qualifizierter Einzelverkauf in einem Bieterverfahren abgewickelt werden?
  • Wird ein Paketverkauf qualifiziert abgewickelt?
  • Liegt eine Versteigerung vor?
  • Sind Maschinen am Markt die neueren Standards in Leistung und/oder Komfort, Betriebskosten etc. entsprechen?
  • Ist die zukünftige Versorgung der Maschine (Service – Dienstleistungen, Ersatzteile etc.) gesichert?

 

5. Ablauf einer Bewertung

 

Gemäß Kapitel 4 hat der bewertende Sachverständige sich mit den o.g. Einflussfaktoren auseinanderzusetzen und diese zum Zweck der Nachvollziehbarkeit (Akzeptanz) transparent darzulegen. Ihre Größe ist zu quantifizieren.

 

Somit ist der unter 4.1 genannte Bewertungsanlass bei der Beauftragung des Gutachters -- ggfls. mit diesem – festzulegen (s.o.). Hierbei ist dann auch die Bewertungstiefe abzustimmen. Beispielsweise kann eine einzelne, wertvolle Maschine einer weitaus detaillierteren, spezifischen Überprüfung unterzogen werden als eine geringwertige Maschine, die Element eines umfangreichen zu bewertenden Maschinenparks ist.

 

Zur Bestimmung des Maschinenzustands wird der Sachverständige die infrage stehende Maschine und ihre Betriebs- resp. Instandhaltungssituation evaluieren.

Beispielsweise kann eine „überdimensionierte“ Maschine in einem „leichten“, stationären oder sogar nur „Stand – By“ - Einsatz bei günstigen Instandhaltungsbedingungen eine hohe Lebensdauer liefern. Sie wird im Vergleich zu gleichen Maschinen, gleichen Alters, mit sonst schlechteren Bedingungen einen höheren Wert annehmen. Das Gegenbeispiel kann eine Maschine im aggressiven Arbeitsumfeld (Radlader im kommunalen Streusalzeinsatz / Winterdienst) oder eine Mietmaschine im Langzeitmieteinsatz bei wechselndem Bedienpersonal und bei nicht fachgerechter Instandhaltung sein.

 

Der Instandhaltungsaufwand – umfassend Prüf-, Pflege- und Reparaturmaßnahmen - und dessen zugehörige Dokumentation muss von Seiten des Gutachters erfasst werden. Hierbei identifizierte Kosten sind für eine nachvollziehbare Bewertung zu berücksichtigen.

 

Der Sachverständige wird daraufhin die Lebensdauer bei bestimmungsgemäßer Verwendung unter o.g. beispielhaft genannten betrieblichen oder gesetzlichen Rahmenbedingungen ermitteln. Beispielsweise wird bei zunehmender Umweltsensibilität – besonders im innerstädtischen Bau - die gesetzliche Einführung einer neuen, anspruchsvolleren Abgasstufe (Tier X, Y) die Einsatzfähigkeit und somit den Wert eines älteren Maschinentyps dann herabsetzen, wenn modernere Nachfolgemodelle am Markt verfügbar sind.

 

Eine hierauf basierende z.B. Wertbestimmung ist dann mit den - auch regionalen - Gegebenheiten des Markts für diesen Maschinentyp unter den o.g. Rahmenbedingungen abzugleichen.

 

6. Zusamenfassung

 

Im vorliegenden Artikel wurden bezüglich Baumaschinen und -fahrzeuge die wesentlichen Wertbegriffe anwendungsbezogen dargestellt.

Die Bedeutung der Einflussfaktoren Bewertungsanlass, Lebensalter und Lebensdauer, bestimmungsgemäße Verwendung, Maschinenzustand und das Marktgeschehen zu der zu bewertenden Maschine wurde herausgearbeitet.

Im Kapitel 5 „Ablauf einer Bewertung“ zeigt sich an Beispielen die Wichtigkeit einer individuellen, praxisorientierten Evaluierung der Maschine, damit für den Auftraggeber eine belastbare und nachvollziehbare Bewertung durch den Gutachter entsteht.

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